Missverständnisse
Er ging zur Tür. Er würde es ihm beichten, auch wenn er ihn dafür bestimmt töten würde. Er musste das Risiko eingehen. Also klopfte er.
„Herein“, hörte er Arthur sagen. Er öffnete die Tür und betrat den Raum. Er sah, dass Arthur am Fenster stand und nachdachte. So sah Merlin ihn selten.
„Sir, ich hoffe, ich störe nicht“, sagte Merlin.
„Nein, nein, Merlin, komm rein. Ich wollte dich eh gerade holen lassen. Meine Gemächer sehen mal wieder katastrophal aus“, sagte der Prinz. Merlin hatte mit so etwas gerechnet.
„Es ist… Es ist… Ich bin Zauberer“ Jetzt war es raus. Merlin war froh darüber. Doch der Blick, wie Arthur ihn anschaute – er wirkte misstrauisch.
„Merlin, schau mich an!“ Merlin wagte es kaum hoch zu schauen, doch er wagte einen kurzen Blick in das Gesicht seines „Herrschers“.
„Merlin, ist das dein Ernst. DU willst Zauberer sein? Ich bitte dich!“ Arthur versuchte so glaubwürdig wie möglich zu schauen. Das gelang ihm aber nicht wirklich.
„Aber, was wenn es wirklich so ist?“ Merlin sah ihn fragend an. Er war gespannt auf die Reaktion, die jetzt kam. Er erwartete das Schlimmste.
„Dann bin ich froh, dass du es mir endlich gesagt hast“, sagte Arthur und ging langsam auf Merlin zu. Merlin sah überrascht auf, doch Arthur ging immer weiter auf Merlin zu. Dann, ganz überraschend drückte Arthur seinen Mund auf Merlins. Merlin wich überrascht zurück, doch nach kurzem zögern machte er mit, denn es war wunderschön. Die beiden kamen sich näher, verlangten nach mehr, doch Merlin schreckte zurück.
„Nein, das geht nicht, das dürfen wir nicht“, sagte er.
„Ach Merlin, nun sei doch kein Feigling“, sagte Arthur. Dann klopfte es an der Tür.
„Arthur komm raus, wir gehen auf die Jagd“, erklang die Stimme von Uther Pendragon.
„Wir reden später weiter“, sagte Arthur zu Merlin und verschwand durch die Tür nach draußen. Merlin sah ihm noch eine Weile nach und überlegte. Dann machte er sich an die Arbeit, dabei konnte er sich am besten ablenken. Er war so beschäftigt, dass er nicht mitbekam, dass Arthur den Raum wieder betreten hatte. Auch hatte er nicht mitbekommen, dass es schon dunkel geworden war.
„Merlin, was machst du denn immer noch hier? Es ist schon spät. Du solltest langsam im Bett liegen“, sagte Arthur. Merlin schreckte hoch.
„Ja,… Ja,… OK“, sagte Merlin und räumte die Sachen, die er gerade noch benutzt hatte weg und ging zur Tür. Arthur hatte noch immer dieselben Sachen an, wie bei seinem Aufbruch.
Als er in der Tür stand sagte Arthur: „Merlin, das vorhin meinte ich ernst“ Merlin drehte sich um, nickt kurz und verschwand. Er war verwirrt. Wie konnte jemand wie er in seinen Diener verliebt sein? Das verstand er nicht.
Arthur setzte sich auf sein Bett und dachte nach. Er verstand es nicht. Warum wehrte Merlin sich dagegen? Man sah ihm das doch schon lange an. Und jetzt wirkte er so verwirrt. Verwirrt, obwohl er ihm doch selber gerader erst etwas gebeichtet hatte. Etwas, dass er nicht glauben konnte, nicht glauben wollte. Und doch wirkte er ziemlich glaubwürdig. ‚Arthur, reiß dich zusammen! Er ist doch nur ein Diener! Warum interessierst du dich überhaupt für ihn?‘, sagte er zu sich selber. Er verstand sich selbst nicht. Merlin war sein Diener – und ein wirklich tollpatschiger noch dazu -, und er verliebte sich in ihn. Wenn das sein Vater erfuhr. Und doch fühlte es sich so … richtig an. Arthur fasste einen Entschluss. Er würde sich seines Dieners am nächsten Tag nochmal annehmen.
Auch Merlin überlegte. Sollte er sich wirklich auf seinen Herren einlassen? Fühlte er überhaupt das gleiche für ihn? Und wenn es so war, was sollte der König von ihnen denken? Wie sollten sie es geheim halten? Konnte man das überhaupt? Merlin überlegte, ob er vielleicht mit Gaius darüber reden sollte, schüttelte diesen Gedanken jedoch wieder ab. Dieser würde ihn nur davon überzeugen, dass das was zwischen ihm und Arthur war nicht richtig war.
Am nächsten Morgen war es Arthur, der sich schon früh auf den Weg zu Merlin begab. Er wollte zwar nicht unbedingt vor Gaius mit seinem Diener reden, doch der konnte ihn immerhin dazu bewegen, auch wirklich mit ihm mitzukommen. Denn wer kannte seinen sturen Diener besser als Gaius?! Also machte er sich auf den Weg.
Merlin wollte gerade aus der Herberge gehen, die er zusammen mit Gaius bewohnte, als Arthur ihm entgegen kam. Die beiden rannten fast in einander. „Merlin, kannst du nicht aufpassen?!“, schrie Arthur ihn fast an. Merlin sah auf. Der Prinz war schon fertig eingekleidet. Das überraschte ihn. Aber was ihn noch mehr überraschte war, dass Arthur schon auf war. Sonst musste er den Prinzen immer wecken.
„Es… Es tut mir Leid Sir. Wird nicht wieder vorkommen“, meinte Merlin mit gesenktem Gesicht und wollte sich schon aus dem Staub machen, als Arthur ihn am Arm festhielt.
„Du wartest jetzt und kommst mit mir mit“, sagte er zu seinem Diener und zog ihn in Richtung seiner Gemächer. Gaius sah den beiden neugierig hinterher. Auch ihm war nicht entgangen, dass dort etwas in Gange war. Arthur wollte nicht, dass sein Diener ihm noch einmal entwischte.
Als sie dann endlich am Ziel ankamen und Arthur die Tür hinter ihnen geschlossen hatte fragte er: „Warum weigerst du dich? Was wäre so schlimm an einer Beziehung?“
„Es ist… Ich weiß es nicht. Ich mein, Ihr werdet irgendwann König sein und ich nur euer einfacher Diener. Das passt doch nicht und außerdem wird Euer Vater etwas dagegen haben und mich hängen lassen wenn er es erfährt“, versuchte Merlin zu erklären, doch je mehr Worte er sprach, desto weniger glaubte er sich. Würde eine einzige Person sich wirklich zwischen sie stellen können? War das Band zwischen ihnen wirklich nur so schwach? Das konnte nicht sein. Hätte er sonst so oft sein Leben für seinen Herrn fast aufgegeben? Merlin schaute auf den Boden. Arthur lachte nur. So kannte er seinen Diener. Und doch wusste er, dass dessen Fassade langsam bröckelte.
„Merlin. Wenn es eine Person gibt, die sich nie zwischen uns stellen können wird, dann ist das mein Vater, dafür werde ich sorgen!“ Die beiden schauten sich in die Augen und kamen sich langsam näher. Kurz bevor sich ihre Münder endgültig trafen fragte Merlin: „Wollt Ihr mich denn auch, wenn ich Zauberer bin?“ Arthur schreckte auf.
„Musst du diesen Moment denn wirklich zerstören?“ Während er redete kam er wieder näher an Merlin ran. „Und selbst wenn: Es würde mich nicht stören. Später, wenn ich König bin, wir doch eh alles anders!“ Nach diesen Worten wusste auch Merlin: Er konnte sich bei seinem Herrn sicher sein. Er war der richtige, war gütig, ihm konnte man vertrauen, sein ganzes Leben in seine Hände legen. Die beiden genossen den Moment noch eine ganze Zeit lang.
Später werden viele Menschen über diesen Moment munkeln, denn keiner wusste, was dort wirklich geschehen war. Das einzige, was alle sicher wussten war, dass man die beiden noch oft gemeinsam auf der Terrasse des Schlosse stehen sehen konnte, wie sie Arm in Arm auf die Stadt sahen. Doch das ist eine andere Geschichte.